Eine Berufsunfähigkeit kann das Leben des Betroffenen schnell und ohne Vorwarnung komplett verändern. Wenn der eigene Job nicht mehr ausgeübt werden kann, können die finanziellen Einbrüche den gewohnten Lebensstandard gefährden. Umso besser, wenn der Betroffene frühzeitig vorgesorgt hat und eine passende Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat. Bevor diese allerdings mit den vereinbarten Leistungszahlungen beginnt, prüft sie in einem ersten Schritt die Berufsunfähigkeit der versicherten Person. Dieser Prozess wird Erstprüfung genannt.

Neben der Erstprüfung haben die Versicherungen auch die Möglichkeit, eine sogenannte Nachprüfung durchzuführen. Was genau es mit der Nachprüfung auf sich hat, wo die Unterschiede zur Erstprüfung liegen und was Sie sonst zum Thema wissen sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Erstprüfung: Ablauf und Wissenswertes

Die Erstprüfung wird von der Versicherung durchgeführt, wenn die versicherte Person ihre Berufsunfähigkeit meldet und so die Leistungen der Versicherungen beantragt. Es handelt sich um einen regulären Schritt, der immer seitens der Versicherung durchgeführt wird, um die eigene Leistungspflicht zu prüfen.

Wichtig: Die Begriffe versicherte Person und Versicherungsnehmer werden häufig verwechselt, dabei ist es wichtig, die Begriffe auseinanderhalten zu können. Als versicherte Person wird die Person bezeichnet, deren Berufsunfähigkeit abgesichert werden soll. Wird die versicherte Person berufsunfähig, tritt der Leistungsfall ein. Der Versicherungsnehmer hingegen ist die Person, die den Vertrag unterzeichnet und muss nicht identisch mit der versicherten Person sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Frau (Versicherungsnehmer) das Risiko einer Berufsunfähigkeit ihres Mannes (versicherte Person) absichern möchte. In einer Vielzahl der Fälle ist die versicherte Person allerdings identisch mit dem Versicherungsnehmer.

Im Rahmen dieser Prüfung werden unter anderem folgende Schritte eingeleitet:

1. Prüfung der Gesundheitsfragen bei Antragsstellung

Stellt die Versicherung rückwirkend Unstimmigkeiten bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen fest, wurde die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt. In solchen Fällen ist die Versicherung nicht mehr zur Leistung verpflichtet und kann den Vertrag auflösen. Daher ist bereits bei Antragsstellung eine ordentliche und wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen besonders wichtig.

2. Prüfung der Ursache für die Berufsunfähigkeit

Anschließend wird die Versicherung prüfen, ob die Ursache für die Berufsunfähigkeit unter die festgelegten Vertragsbedingungen fällt. Bei der Ausübung potenziell risikoreicher Freizeitaktivitäten werden vor Vertragsabschluss häufig Ausschlussklauseln aufgestellt. Ist die Berufsunfähigkeit nun auf einen Unfall oder eine Verletzung im Rahmen des vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Hobbys zurückzuführen, zahlt die Versicherung nicht. Ausschlussklauseln können nicht nur aufgrund von gefährlichen Freizeitaktivitäten, sondern auch aufgrund von Vorerkrankungen aufgestellt werden.

3. Prüfung des Grades der Berufsunfähigkeit

Auch der Grad der Berufsunfähigkeit wird vor Leistungseinwilligung geprüft. In vielen Vertragsbedingungen ist festgehalten, dass die versicherte Person mindestens einen Berufsunfähigkeitsgrad von 50 Prozent erreichen muss, um als berufsunfähig zu gelten. Diesen Nachweis kann die versicherte Person über einen Arzt erhalten, welcher den Grad der Berufsunfähigkeit bescheinigt. Es ist ratsam, sich vor Vertragsabschluss genauestens über die Vertragskonditionen zu informieren, um im Fall der Antragsstellung keine bösen Überraschungen zu erleben.

4. Prüfung zur Möglichkeit der abstrakten oder konkreten Verweisung

Eigentlich sollten aktuelle und gute Berufsunfähigkeitsversicherungstarife auf die Möglichkeit zur abstrakten und konkreten Verweisung verzichten. Kommen diese im Vertrag allerdings noch vor, prüft die Versicherung vor Leistungseinwilligung, inwieweit eine der beiden Verweisungsmöglichkeiten infrage kommt. Hier erfahren Sie mehr über die abstrakte und die konkrete Verweisung.

Titel: Ablehnungsgründe bei Leistungsprüfung in der BU

80 Prozent aller Anträge auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung werden angenommen. Meistens stellt also die Erstprüfung kein Problem für die Beantragung der Berufsunfähigkeitsrente dar. Sollte der Antrag doch abgelehnt werden, ist der häufigst Grund die Nichterreichung des versicherten Berufsunfähigkeitsgrads. Nur in 0,1 bzw. 0,5 Prozent der Fälle war die abstrakte oder die konkrete Verweisung Grund für die Ablehnung. Quelle: GDV.

Wichtig: Im Rahmen der Erstprüfung ist der Versicherungsnehmer in der Pflicht, die Berufsunfähigkeit gegenüber der Versicherung nachzuweisen. Er muss alle für die Einwilligung des Versicherungsschutzes erforderlichen Unterlagen einholen und an die Versicherung weiterleiten.

Wissenswertes

Wie lange die Erstprüfung dauert, ist von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich. Sie kann von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten dauern. Je komplexer die Vertragsbedingungen und die individuelle Situation, desto länger kann der Prüfprozess dauern. Ist der Versicherungsnehmer allerdings ausreichend über seine Vertragsbedingungen informiert und kann die Berufsunfähigkeit der versicherten Person mit entsprechenden ärztlichen Dokumenten nachweisen, sollte die Erstprüfung in der Regel kein Problem darstellen. Wie genau der Ablauf der Leistungsprüfung vom Melden der Berufsunfähigkeit bis zur ersten Zahlung abläuft, lesen Sie hier.

Nachprüfung

Während die Erstprüfung also ein unumgänglicher Schritt auf dem Weg zur Leistungszahlung durch die Versicherung ist, werden Nachprüfungen erst später veranlasst. Versicherungen haben ein Recht darauf, nach einer gewissen Zeitspanne zu prüfen, ob die versicherte Person weiterhin als berufsunfähig gilt. Dafür können erneut ärztliche Unterlagen fällig werden.

Nachprüfungen kommen in der Praxis nicht regelmäßig vor: Sie kosten die Versicherung Zeit und Geld. In der Regel ist bei den einzelnen Fällen leicht absehbar, ob die Berufsunfähigkeit andauern wird oder ob sich eine Nachprüfung lohnt. Bei einer unheilbaren Erkrankung macht eine Nachprüfung weniger Sinn als bei einem komplizierten Knochenbruch, dessen Folge womöglich nach einigen Monaten oder Jahren ausheilen könnten. Für den Fall, dass eine Nachprüfung angeordnet wird, erhalten Sie hier alle wichtigen Informationen.

Wann kann eine Nachprüfung angeordnet werden?

Eine Nachprüfung wird dann angeordnet, wenn die Versicherungen prüfen wollen, ob sich der Zustand der versicherten Person gebessert hat und sie womöglich wieder ins Berufsleben einsteigen kann. Ob und in welchen Abständen eine Nachprüfung durchgeführt wird, ist von verschiedenen Faktoren wie den Versicherungskonditionen und dem individuellen Fall abhängig. Berufsunfähigkeitsversicherungen können bis zu einem Mal pro Jahr eine Nachprüfung durchführen lassen. Ziel der Versicherung ist es, ausfindig zu machen, wer keinen Anspruch mehr auf seine Berufsunfähigkeitsrente hat.

Warum kann eine Nachprüfung veranlasst werden?

Kann eine versicherte Person wieder mehr als 50 Prozent der früheren Tätigkeit ausführen, gilt sie in der Regel nicht mehr als berufsunfähig. Die Versicherungen versuchen daher mithilfe der Nachprüfung bei einzelnen versicherten Personen zu prüfen, ob sie weiterhin die Voraussetzungen für die Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung erfüllen. Dies geschieht in der Regel nur bei Fällen, bei denen absehbar ist, dass eine Erkrankung die betroffene Person voraussichtlich nicht auf Dauer berufsunfähig machen wird. Bei besonders schwerwiegenden Erkrankungen ohne Heilungschancen oder bei Fällen, bei denen sofort klar ist, dass der gewohnte Beruf nicht mehr wie gewohnt ausgeübt werden kann, werden nur selten Nachprüfungen durchgeführt.

Wie läuft die Prüfung ab?

In einem ersten Schritt meldet sich die Berufsunfähigkeitsversicherung in der Regel schriftlich beim Versicherungsnehmer und bittet um die Ausfüllung verschiedener Formulare. Es kann auch passieren, dass die Versicherungen ärztliche Gutachten anfordern, die den aktuellen Gesundheitszustand der versicherten Person belegen. So versucht die Versicherung, sich ein möglichst umfangreiches Bild über den aktuellen Gesundheitszustand zu machen, um einschätzen zu können, ob die Leistungspflicht laut Vertragsbedingungen in Zukunft weiter besteht.

Was sollte bei einer Nachprüfung beachtet werden?

In jedem Fall sollten genau wie bei der Erstprüfung alle Fragen wahrheitsgemäß beantwortet werden. Falsche Angaben können später dazu führen, dass der Vertrag aufgelöst wird und bereits getätigte Rentenzahlungen an die Versicherung zurückgezahlt werden müssen.

Bei einer Nachprüfung ist es wichtig, nicht in Panik zu verfallen. Meist handelt es sich um ein Routineverfahren der Versicherung. Sollten sich Fragen oder Unsicherheiten bezüglich des Gesundheitszustandes ergeben empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu halten.