Angehörige bestimmter Berufsgruppen sind Mitglieder in berufsständischen Versorgungswerken. Diese Versorgungswerke sind Versorgungseinrichtungen und kümmern sich um die Altersvorsorge, Hinterbliebenenvorsorge und Berufsunfähigkeitsabsicherung ihrer Mitglieder. Dabei gibt es jedoch vor allem in Sachen Berufsunfähigkeitsabsicherung enorme Unterschiede zu einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, weshalb der Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung trotz Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk sinnvoll sein kann.

Berufsständische Versorgungswerke

Menschen, die in kammerfähigen freien Berufen arbeiten, können über berufsständische Versorgungswerke abgesichert werden. Dabei gibt es für jede Berufskammer ein eigenes Versorgungswerk.

Die Versorgungswerke fungieren als Vorsorgesystem, indem sie sich um die Altersvorsorge, Hinterbliebenenvorsorge sowie die Berufsunfähigkeitsabsicherung ihrer Mitglieder kümmern. Der Eintritt zum Versorgungswerk der entsprechenden Berufskammer ist verpflichtend.

Berufsständische Versorgungswerke versichern ausschließlich Menschen, die in freien und kammerfähigen Berufen arbeiten. Dazu zählen:

  • Ärzte (auch Zahn- und Tierärzte)
  • Apotheker
  • Architekten
  • Notare
  • Juristen (Rechts- und Patentanwälte)
  • Steuerberater/Steuerbevollmächtigte
  • Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer
  • Ingenieure
  • Psychotherapeuten

Die Mitglieder zahlen Beiträge für die berufsständischen Versorgungswerke, wobei sich die Höhe der Beiträge je nach Versorgungswerk unterscheiden kann. Die Finanzierung der Versorgungswerke läuft ausschließlich über die Beitragszahlungen ihrer Mitglieder.

Grafik: Mitgliederzahlen in Versorgungswerken

Im Jahr 2022 gab es in Deutschland insgesamt 91 Versorgungswerke für die verschiedenen Berufskammern. Mit Stand 2021 befinden sich in diesem Versorgungswerken mehr als eine Millionen Mitglieder. Quelle: Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V.

Die Absicherung über ein berufsständisches Versorgungswerk bietet einige Vorteile wie beispielsweise den homogenen Mitgliederkreis, da der Eintritt in ein Versorgungswerk immer an den Beruf gebunden ist. So spielen Aspekte des sozialen Ausgleichs für die berufsständischen Versorgungswerke kaum eine Rolle. Jedoch können mit dieser Form der Absicherung auch Nachteile einhergehen: In vielen Versorgungswerken ist es schwer, eine Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten. Das liegt daran, dass die Versorgungswerke in ihren Satzungen selbst festlegen können, wann ein Mitglied als berufsunfähig eingestuft wird. Wieso diese Reglung für Mitglieder zum Problem werden kann, lesen Sie im Folgenden.

Berufsunfähigkeit: Strenge Reglungen erschweren Absicherung

Die Versorgungswerke erschweren ihren Mitgliedern häufig die Absicherung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit. Das liegt zum einen daran, dass die Versorgungswerke die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit selbst festlegen dürfen und zum anderen daran, dass trotz Krankheit oder Unfall häufig ein ähnlicher Beruf ausgeübt werden kann, weshalb die Versorgungswerke versuchen, sich den Versorgungsleistungen zu entziehen.

Verschiedene Gerichtsurteile haben in der Vergangenheit die Auslegungen der Versorgungswerke unterstützt und dazu beigetragen, die Maßstäbe für das Anerkennen einer vollständigen Berufsunfähigkeit weiter hochzuhalten. So entschied beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Münster am 30. Oktober 2008, dass „ein Rechtsanwalt, der wegen sozialer Ängste nicht mehr in der Lage ist, vor Gericht aufzutreten und mit mehr als zwei Gesprächspartnern gleichzeitig zu kommunizieren […] nicht berufsunfähig [sei]“. Um weiterhin einen Beruf ausüben zu können, solle der Betroffene „auf anwaltliche Tätigkeiten verwiesen werden […]“. Die Gefahr, auf dem aktuellen Arbeitsmarkt keine passende Position zu finden „ist von der Versicherungsleistung des Versorgungswerks nicht gedeckt“. Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

Es kann festgehalten werden: Das Versorgungswerk zahlt für einen unter Panikattacken leidenden Rechtsanwalt keine Berufsunfähigkeitsrente und schützt ihn gleichzeitig nicht vor dem Risiko der Arbeitslosigkeit.

Zulassung muss abgegeben werden

Ein deutlich aktuelleres Urteil des Verfassungsgerichts Bremen vom 24. August 2023 zeigt, dass sich auch heute noch nicht viel an der Einstellung der Versorgungswerke zum Thema Berufsunfähigkeit geändert hat: Ein 61-jähriger Anwalt beantragte bei seinem Versorgungswerk Rente, da er bei einem Autounfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt und infolgedessen eine dauerhafte berufliche Einschränkung attestiert bekam. Zwar betreute der Jurist zu diesem Zeitpunkt bereits keine eigenen Mandanten mehr und plante, seine Kanzlei abzuwickeln. Das Versorgungswerk lehnte den Antrag ab, da der Jurist seine Tätigkeiten nicht vollständig niedergelegt hätte – das Verfassungsgericht Bremen gab dem Versorgungswerk Recht. Nur der Verzicht auf die Zulassung als Rechtsanwalt hätte dafür gesorgt, dass der Jurist seine Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten hätte.

Für Rechtsanwälte ist die komplette Aufgabe der beruflichen Tätigkeit oft der einzige Weg, um den Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente zu realisieren. Das heißt konkret: Die Rückgabe der Zulassung. Für viele ist die Rückgabe der Zulassung unvorstellbar, bedenkt man den Aufwand, der in die eigene berufliche Ausbildung geflossen ist.

Auch bei anderen Berufsgruppen gilt nur eine vollständige, also hundertprozentige Berufsunfähigkeit als Grund für eine Rentenzahlung. Eine hundertprozentige Berufsunfähigkeit ist jedoch nur schwer nachzuweisen. Hinzukommt die Möglichkeit der abstrakten Verweisung, wie im oben dargestellten Beispiel des Rechtsanwalts.

Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente erst nach Beitragszahlungen

Je nach Versorgungswerk sind auch Berufseinsteiger einem hohen Risiko ausgesetzt. Um Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente zu erhalten, werden häufig erst über einen bestimmten Zeitraum Beiträge fällig. Eine Berufsunfähigkeit in den ersten Monaten oder Jahren der Mitgliedschaft führt also nicht zwangsläufig zur Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Die genauen Konditionen sind in der Satzung des jeweiligen Versorgungswerks festgehalten.

Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung als alternative Absicherungsmöglichkeit

Die Absicherung gegen die Berufsunfähigkeit über ein Versorgungswerk ist mit einigen Hürden verbunden und Mitglieder können sich nicht sicher sein, dass sie einen Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente haben. Eine sinnvolle Ergänzung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit ist der Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.

Keine abstrakte Verweisung

Im Gegensatz zu den gängigen Konditionen der Versorgungswerke verzichten gute Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Möglichkeit zur konkreten oder abstrakten Verweisung. Das heißt, dass die versicherte Person nicht an einen neuen Beruf verwiesen wird. Bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung gilt in der Regel: Kann der aktuelle Beruf nicht mehr wie gewohnt ausgeübt werden, greift der Versicherungsschutz.

Auch eine vollständige Berufsunfähigkeit ist in der Regel für eine private Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nötig. Meistens reicht eine Berufsunfähigkeit von 50 Prozent aus, um als berufsunfähig eingestuft zu werden.

Flexiblere Rentenhöhe

Ein weiterer Vorteil der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung im Vergleich zum Versorgungswerk: Die Absicherungshöhe ist frei wählbar. Während im Versorgungswerk im Schnitt 2.500 Euro abgesichert sind, ermöglicht eine private Berufsunfähigkeitsversicherung die Absicherungshöhe an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Außerdem fehlt im Versorgungswerk häufig ein sicherer Inflationsausgleich, während die private Berufsunfähigkeitsversicherung verschiedene Möglichkeiten zum Inflationsausgleich bietet.

Dazu zählt beispielsweise die Beitragsdynamik. Diese ermöglicht eine stetige und automatische Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente ohne erneute Gesundheitsprüfung. Bei Verträgen mit langen Laufzeiten wirkt die Beitragsdynamik einer Wertminderung entgegen. Die Höhe der Beitragsdynamik wird vor Vertragsabschluss festgelegt.

Auch die Nachversicherungsgarantie kann als Inflationsausgleich genutzt werden. Bei einer ereignisabhängigen Nachversicherungsgarantie kann die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente zu einem bestimmten Ereignis wie einer Hochzeit, einer Geburt oder dem Kauf einer Immobilie erhöht werden. Einige Versicherungen bieten auch die Möglichkeit, die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente ohne konkretes Ereignis zu erhöhen. In diesem Fall spricht man von einer ereignisunabhängigen Nachversicherungsgarantie.

Sie haben konkrete Fragen zur Absicherung gegen die Berufsunfähigkeit oder möchten ein unverbindliches Angebot erhalten? Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung unterstützen wir Sie kostenfrei auf dem Weg zu Ihrer idealen Absicherung.