„Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ – Über diese Wörter stolpert man als Interessent einer Berufsunfähigkeitsversicherung häufiger. Allerdings wird nicht immer erklärt, welche Bedeutung hinter diesen Worten steckt, obwohl es für Interessenten äußerst wichtig ist, genau zu wissen, was die Anzeigepflicht ist und was eine Verletzung eben dieser zu bedeuten hat. Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir in diesem Blogbeitrag alle wichtigen Informationen zur vorvertraglichen Anzeigepflicht gesammelt.

Vorvertragliche Anzeigepflicht

Im ersten Absatz des Paragraph 19 des Versicherungsvertragsgesetzt ist die Anzeigepflicht genau definiert:

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrenumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinne des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

Einfach gesagt: Der Versicherungsnehmer ist dazu verpflichtet, sämtliche Fragen der Versicherung vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Dazu zählen nicht nur die Gesundheitsfragen, sondern auch mögliche zusätzliche Fragebögen, die sich beispielsweise auf gefährliche Freizeitaktivitäten beziehen können.

Die Beantwortung der Fragen ist für die Versicherung wichtig, um das individuelle Berufsunfähigkeitsrisiko des Interessenten möglichst genau einschätzen zu können.
Interessenten könnten – vor allem bei schlechten Grundvoraussetzungen wie einer Vorerkrankung oder einem gefährlichen Hobby – schnell auf die Idee kommen, unwahre oder unvollständige Angaben zu machen. Warum das keine gute Idee ist, erklären wir Ihnen im Folgenden.

Was geschieht bei einer Verletzung der Anzeigepflicht?

Direkt nach der Definition wird im zweiten Absatz des 19. Paragraphen des Versicherungsvertragsgesetzes festgehalten, was bei einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht geschieht:

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

Durch eine bewusste Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht verliert die Berufsunfähigkeitsversicherung in gewissem Maße ihren Sinn: Der Versicherungsschutz, genauer die finanzielle Absicherung in Form der Berufsunfähigkeitsrente, wird durch unwahre Angaben enorm gefährdet. Tritt der Leistungsfall ein, hat der Versicherungsnehmer in der Regel genügend andere Sorgen, als sich mit der Leistungsverweigerung der Berufsunfähigkeitsversicherung auseinanderzusetzen. Daher sollten Interessenten vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung alle Fragen genauestens und wahrheitsgemäß beantworten.

Falls Unsicherheiten bezüglich einzelner Krankheiten, deren Verlauf oder genauen Zeitpunkt auftreten, sollte unbedingt der behandelnde Arzt oder eine andere involvierte Stelle wie die eigene Krankenkasse befragt werden. So kann der Interessent sichergehen, dass er alle Fragen vollständig beantworten kann.

Bei Interessenten, von denen ein potenziell erhöhtes Berufsunfähigkeitsrisiko ausgeht, können neben dem standardisierten Fragebogen der Versicherung auch zusätzliche Fragebögen fällig werden. Diese können sich auf gewisse Erkrankungen oder Hobbys beziehen und sollten ebenfalls so detailreich und genau wie möglich beantwortet werden. Vor allem bei Freizeitaktivitäten spielt die individuelle Ausübungsform eine wichtige Rolle zur Berechnung des Berufsunfähigkeitsrisikos. Sollte der Platz zur genauen Beschreibung des Hobbys nicht ausreichen, kann bei vielen Versicherungen ein zusätzliches Blanko-Blatt eingereicht werden.

Unbeabsichtigte Verletzung der Anzeigepflicht

Trotz aller Sorgfalt kann es passieren, dass der Interessent eine Frage falsch oder unvollständig beantwortet. Bemerkt der Versicherer die Falschangabe, muss er dem Interessenten in der Regel nachweisen können, dass dieser die vorvertragliche Anzeigepflicht bewusst und mit Absicht verletzt hat. Im dritten Absatz des 19. Paragrafen des Versicherungsvertragsgesetzes heißt es dazu:

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

Ein Rücktritt des Versicherers aufgrund einer fahrlässigen Falschangabe ist somit nicht möglich. Allerdings kann die Versicherung den Vertrag unter Berücksichtigung der festgelegten Kündigungsfrist auflösen. Unter Umständen kann auch eine Vertragsanpassung vorgenommen werden und der Vertrag kann unter den neuen Konditionen weiterlaufen.

Hier finden Sie die Konsequenzen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht im Überblick:

Grafik: Konsequenzen bei einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Wurde die Anzeigepflicht grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt, ist die Versicherung dazu in der Lage, vom Vertrag zurückzutreten und muss keine Leistung erbringen. Ob die Anzeigepflicht schuldlos, grob fahrlässig oder arglistig verletzt wurde, ist von Fall zu Fall individuell zu entscheiden. In jedem Fall steht die Versicherung in der Beweispflicht und muss die Verletzung der Anzeigepflicht sowie die Schwere der Verletzung darlegen können.

Solange der Interessent sich bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen genügend Zeit lässt und alle Fragen sorgfältig und wahrheitsgemäß beantwortet, kommt es in der Regel nicht zu einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.